Wie ein Schlossermeister einen Spielabbruch verhindert
Eigentlich war ich am vergangenen Donnerstag nur zum Training unserer Damenmannschaft gegangen, weil ich unseren Trainer Thomas und das Team noch einmal darauf aufmerksam machen wollte, dass das Punktspiel gegen den MTV Lübeck das einzige Heimspiel am Wochenende sein wird. Dass man also die Halle Berliner Straße, in der auch das Training stattfand, selbst auf das Punktspiel vorbereiten müsse. Dass man die Zeitnehmer- und Kampfrichterunterlagen aus der OHG-Halle holen müsse, dass man sich um die Hallenschlüssel kümmern, das Schieri-Geld bereithalten müsse, usw. Eigentlich… Dann aber wies Kerstin, unsere Torfrau, darauf hin, dass die Bodenverankerungen beim Tor an der Stirnseite zur Norderstraße defekt seien und das Tor unverankert auf dem Hallenboden stehe. Schon ein Pfostenknaller könne das Tor verschieben, erst recht eine Abwehraktion des Torwarts. Wenn der Schiedsrichter am Wochenende die Tore kontrolliere, könne schlimmstenfalls ein Spielabbruch drohen…
Und tatsächlich: Auf beiden Torseiten fehlte die Verankerungsmechanik, bestehend aus einem Steckbolzen mit Gewinde, einer Feder und einer Stahlhülse mit Innengewinde. Rechts war die Mechanik aber lediglich auseinandergefallen. Der Bolzen steckte lose in der Lasche, die seitlich am Pfosten befestigt ist, Hülse und Feder waren in das Bodenloch gerutscht und ließen sich herausziehen. Hier konnte man Bolzen und Hülse sofort wieder zusammenfügen und die Mechanik reparieren. Auf der linken Seite war aber nur noch der Bolzen vorhanden…
Was also tun? Bis zum Spiel verblieben nur noch Freitag und Sonnabend und eventuell der Sonntagmorgen. Schritt 1 (wie immer in unserer Abteilung): Uschi anrufen. Uschi kennt die Hausmeister und hat deren Handynummern. Vielleicht haben die Hausmeister ja Ersatzteile für solche Fälle. Ergebnis: Keine Ersatzteile und keine sonstige Hilfe.
Schritt 2: Überlegen, wie man eine provisorische Verankerung herstellen könnte. Dazu bräuchte man mindestens eine ca. 13/14 cm lange Eisenstange mit einem Durchmesser von 8 mm (so breit ist das Loch der seitlichen Pfostenlasche). Wie bezeichnet man aber eine derartige Stange und wer bietet diese an?
Schritt 3: Peter fragen, ob er helfen kann. Peter ist alter VfL’er, ein Handball-Urgestein, aktuell Spieler unserer Dritten, in früheren Zeiten auch mal Abwehrorganisator unserer damaligen Ersten und – wichtig für die Reparatur einer Bodenverankerung aus Metall – selbständiger Schlossermeister in Geesthacht. Also: Peter anrufen und am Freitagabend hin zum Training der Dritten, um ihm die Sachlage vor Ort zu erklären. Und Peter reagiert, wie man ihn kennt: Zunächst einmal knurrig („Warum hast du kein Foto gemacht? So kann ich nicht beurteilen, ob ich da ʹwas machen kann!“), dann aber hilfsbereit („Ich guck ʹmal.“).
Da Peter am Sonnabend noch Termine hatte, konnte er sich erst am Sonntagmorgen um die Verankerung kümmern. Er besorgte sich selbst einen Hallenschlüssel, fuhr in die Halle, schaute sich das Tor und den Defekt an, vermaß die intakte Bodenverankerung auf der rechten Torseite und produzierte dann in seiner Werkstatt eine neue, exakt passende Verankerung für die linke Torseite. Um 12:00 Uhr kam die Nachricht, dass die Verankerung repariert sei und das Tor sich nicht mehr bewegen lasse.
Als der Schiedsrichter drei Stunden später das Tor kontrollierte, konnte er keine Beanstandungen finden. Wie sollte er auch? Peter hatte meisterliche Arbeit geliefert und möglicherweise einen Spielabbruch verhindert, der unserem Damenteam eventuell zwei Punkte gekostet hätte. Am 34:21-Sieg gegen den MTV Lübeck hat deshalb auch Peter seinen Anteil, auch wenn er im Spiel oder auf der Bank gar nicht in Erscheinung getreten ist. – Vielen Dank, lieber Peter, auch im Namen der Damenmannschaft und aller unserer Mannschaften, die in der Halle Berliner Straße trainieren. Dein Einsatz und dein Name möge hier aber auch beispielhaft und stellvertretend für alle stehen, die im Hintergrund in der Abteilung mithelfen und ohne die der Spielbetrieb nicht so reibungslos ablaufen könnte. Danke – wenn wir euch nicht hätten… (Hans-Werner Schulte)